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Sélection Lumière: Der Durchbruch des Stadtneurotikers

Mit Annie Hall präsentieren wir zum zweiten Mal einen Wunschfilm, den Mitglieder des Filmpodium-Fördervereins ausgewählt haben. Woody Allens Durchbruch vom Komiker zum Komödienregisseur bleibt bis heute einer seiner schönsten Filme. «Alles vergeht – die Lust, die Liebe, das Leben und endlich auch das Universum.» So erlebt es jedenfalls der Komiker Alvy Singer, beruflich erfolgreich, mit vierzig zweimal geschieden und nach der Trennung von seiner Freundin Annie inmitten einer vehementen Midlifecrisis. Annie Hall, ursprünglichen zweineinhalb Stunden lang, ist der Rückblick auf diese Liebesbeziehung: ein Potpourri ebenso witziger wie rührender Momentaufnahmen, die scheinbar spontan Alvys sprunghaften Erinnerungen folgen, dabei überborden von komischen Dialogen und liebevoll-satirischen Blicken auf die sprichwörtlich gewordene Spezies der New Yorker Stadtneurotiker. Erstmals halten sich Ernst und Ironie bei Allen die Waage, stellen sich die Gags ganz in den Dienst der Geschichte.
«Allen traf mit Annie Hall den Nerv der siebziger Jahre, die narzisstische Ich-Suche von Intellektuellen und das Verhältnis zwischen den Geschlechtern nach der sexuellen Revolution: Der Konflikt zwischen emanzipationsbedürftigen Frauen und dominanzgewöhnten Männern nach der Verabschiedung der tradierten Rollenvorstellungen und ihr Versuch, trotzdem miteinander zu leben. Mit vier Oscars ausgezeichnet (für Drehbuch, Regie, Hauptdarstellerin und als bester Film) bedeutete Annie Hall für Allen auch den Durchbruch bei der Kritik: Erstmals wurde er als Filmemacher anerkannt und nicht bloss als filmender Komiker. Es ist ein persönlicher, im weiteren Sinne autobiographischer Film: Allen, der Bergman und Fellini zu seinen Vorbildern zählt, repräsentiert eine amerikanische Variante des europäischen Autorenkinos.» (Christina Bornemann, in: Metzler Filmlexikon)