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Stummfilmfestival 2022

Das Stummfilmfestival 2021 konnte wegen des Lockdowns aufgrund der zweiten Welle von Covid-19 nicht stattfinden. Auch wenn die Pandemie keineswegs vorbei ist, nehmen wir wieder einen Anlauf und präsentieren das allermeiste, was wir letzten Winter zeigen wollten – mit ein paar Neuerungen.
Aufgrund der unsicheren Situation in Sachen Covid-19 und Einreisebeschränkungen beginnt der Vorverkauf für jedes Stummfilmfestival-Wochenende jeweils am Freitag der vorhergehenden Woche.
Auch beim Stummfilmfestival 2022 ist es uns ein Anliegen, eine breite Palette sehenswerter Stummfilme zu zeigen. Mit dem Vorbehalt jedoch, dass möglichst wenig analoge Kopien rund um die Welt verschifft werden sollen, für den – dank der Covid-19-Impfung etwas weniger wahrscheinlichen – Fall, dass die Kinos erneut geschlossen werden und unsere Filme umsonst einen CO2-Fussabdruck hinterlassen. Das heisst, wir zeigen grossmehrheitlich restaurierte Fassungen in digitaler Form.
Tatsächlich hat gerade die Corona-Pause dem Filmmuseum München gestattet, im Frühjahr 2021 einen der stärksten Filme des letztjährigen Programms zu restaurieren: Abram Rooms geradezu surreal anmutendes Werk Das Gespenst, das nicht wiederkehrt (1930; auch bekannt als Menschen-Arsenal). Nun können wir dieses Drama in einer längeren und weitaus schöneren Fassung vorführen.
Wir wagen es auch wieder, ausländische Musikerinnen und Musiker einzuladen, neben zahlreichen Kolleginnen und Kollegen aus der Schweiz. Von diesen haben sich mehrere bereit erklärt einzuspringen, falls Corona-Massnahmen jemandem die Einreise in die Schweiz verunmöglichen sollten.
Neuartig ist die Terminierung: Um dem Festivalcharakter verstärkt Rechnung zu tragen, zeigen wir das Programm konzentriert an den Wochenenden zwischen dem 7. Januar und 13. Februar. An manchen Tagen wird mehr als eine Stummfilmvorführung stattfinden; so kann sich das Publikum Zeit nehmen und schwelgen, wie es sich für ein Festival gehört. Oft werden auch mehrere Musikerinnen und Musiker am selben Tag spielen, was Abwechslung gewährt und Vergleiche ermöglicht.
Mauritz Stillers Song of the Scarlet Flower zeigen wir zweimal: einmal live begleitet von Gabriel Thibaudeau und einmal mit einer Tonspur, auf der die rekonstruierte, neu eingespielte orchestrale Originalmusik zu hören ist. Die Mary-Pickford-Komödie Little Annie Rooney wiederum darf gar nur mit einem neu komponierten Soundtrack gezeigt werden.
Die drei zusätzlichen Titel im Programm sind von der vergnüglichen Sorte: Show People (1928), eine frühe selbstbespiegelnde Hollywood-Satire, hätte in einer von Corona versenkten King-Vidor-Retrospektive im Frühjahr 2020 laufen sollen; nun erhält der Film eine andere Bühne. Dass Schweden nicht nur Heimatfilme und Melodramen produzierte, zeigt die muntere Romantic Comedy Die sieben Töchter der Frau Gyurkovics (1926) von Ragnar Hyltén-Cavallius mit Willy Fritsch, einem Frauenschwarm aus dem koproduzierenden Deutschland. Und frisch vom Bologneser Festival Il Cinema Ritrovato 2021 kommt die restaurierte Version einer Dramödie, welche die Filmgeschichte beinahe vergessen hat: My Cousin (1918) von Edward José, der einzig erhaltene Film mit Enrico Caruso, zeigt den legendären Operntenor zwar stumm, aber schauspielerisch brillant in gleich mehreren Rollen.

Hauptrolle für die Musik
Neben unseren «Hauspianisten» André Desponds, Alexander Schiwow und Martin Christ und dem Zürcher Gespann Ephrem Lüchinger (Piano) und Neal Sugarman (Saxofon) – Letztere werden Georg Wilhelm Pabsts Abwege vertonen – sehen und hören Sie auch einige hiesige Musiker zum ersten Mal: Marco Santilli (Klarinette) und Gàbor Barta (Piano) begleiten Paul Lenis gruselige Victor-Hugo-Adaption The Man Who Laughs (1928). Nehrun Aliev (Perkussion, Klarinette, Akkordeon) bereichert mit André Desponds das inzwischen traditionelle Slapstick-Familienprogramm, das mit Max Davidson, Larry Semon und Charley Bowers geniale, aber zu wenig bekannte Komiker präsentiert.
Ausserdem werden uns – soweit es die Reisebestimmungen erlauben – einige unserer gern gesehenen Gäste aus dem Ausland beehren: Maud Nelissen, Richard Siedhoff und Neil Brand werden solo am Piano auftreten, während Stephen Horne (Piano, Akkordeon, Flöte) gemeinsam mit der Harfenistin Elizabeth-Jane Baldry zwei Filme von René Clair und Ernst Lubitsch vertonen wird. Günter A. Buchwald (Piano, Violine) begleitet mit Frank Bockius (Perkussion) The Three Musketeers (1921) von Fred Niblo und zusätzlich mit Bruno Spoerri (Saxofon) Show People. Die Bandbreite musikalischer Freuden ist somit grösser denn je.
Michel Bodmer

Für die Unterstützung des Stummfilmfestivals 2022 danken wir unserem Förderverein Lumière.