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Das erste Jahrhundert des Films: 1965 & 1975

In der Dauerreihe «Das erste Jahrhundert des Films» zeigen wir im Lauf von zehn Jahren rund 500 wegweisende Werke der Filmgeschichte. Die Auswahl jedes Programmblocks ist gruppiert nach Jahrgängen, woraus sich schliesslich 100 Momentaufnahmen des Weltkinos von 1900 bis 1999 ergeben. Referenzzahl ist jeweils der aktuelle Jahrgang, d. h. im Jahr 2015 sind Filme von 1915, 1925, 1935 usw. zu sehen. Vor einzelnen Filmen zeigen wir Schweizer Filmwochenschauen des betreffenden Jahres. 1965 feiert eine wild-bewegte Lebensgeschichte vor dem Hintergrund der russischen Revolution einen Triumphzug durch die Kinosäle der Welt: Doctor Zhivago beschert dem britischen Perfektionisten David Lean einen der grössten Kassenerfolge des ganzen Jahrzehnts. Der Geist der 1960er Jahre wird wiederum von Jean-Luc Godard in Pierrot le fou eingefangen: Mit seiner Geschichte über das «letzte romantische Liebespaar» (Godard), dessen Liebe zum Scheitern verurteilt ist, schafft er ein Meisterwerk der Nouvelle Vague. Roman Polanski zieht in diesem Jahr seine Zuschauer in die inneren Abgründe der somnambulen, psychopathischen Catherine Deneuve hinein (Repulsion), Agnès Varda irritiert ihr Publikum mit ihrer raffinierten, schmerzhaft schönen Reflexion über das Glück eines Mannes zwischen zwei Frauen (Le bonheur), und Robert Wise verzaubert es mit österreichischen Bergen, Kindern im Dirndl, einem verliebten Paar und einem Lied über das Edelweiss: Der amerikanische Regisseur schafft mit The Sound of Music einen Musicalfilm, der bis heute zu den fünf meistgesehenen Filmen zählt – im deutschen Sprachraum allerdings kennen ihn nur wenige.
Zehn Jahre später bringt Stanley Kubrick sein akribisch rekonstruiertes, bildstarkes Historiendrama Barry Lyndon auf die Leinwand, und Monty Python beweisen mit ihrer aberwitzigen Mittelalterparodie (Monty Python and the Holy Grail), dass sie auch hinter der Kamera unschlagbar schräg sind, während Theo Angelopoulos mit Die Wanderschauspieler eines der Hauptwerke des Weltkinos der 1970er Jahre schafft. In den USA schickt Robert Altman 24 Protagonisten auf die (satirisch gefärbte) Suche nach dem «American Dream» (Nashville), wogegen Milos Forman in One Flew Over the Cuckoo's Nest dem rebellischen Geist der Gegenkultur der 1960er und 1970er Jahre Ausdruck verleiht; in Italien gelingt Pier Paolo Pasolini mit seinem kompromisslosen Salò o le 120 giornate di Sodoma eines der radikalsten und umstrittensten Werke der Filmgeschichte.
Tanja Hanhart