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Reedition: Spätherbst

Drei ältere Männer wollen die Tochter eines verstorbenen Freundes unter die Haube bringen, weil sie selber die Witwe zu umwerben trachten. Yasujiro Ozu erzählt in Spätherbst subtil von Unterschieden zwischen den Generationen und den Geschlechtern. «Drei eingebildete, reifere ‹Salarymen› besuchen eine Gedenkfeier für einen Altersgenossen, wobei ihre Gefühle für dessen schöne Witwe Akiko offenbar wieder erwachen. Die lästigen Kerle mischen sich ins Leben von Akikos lediger Tochter Ayako ein und wollen diese verheiraten – ein Vorwand, um ihr eigenes Anliegen weiterzutreiben: Akiko selber wieder zu vermählen, und zwar mit dem begehrenswertesten Witwer unter ihnen, angeblich, damit sie nicht mehr einsam sein muss. Sie handeln wie ein Mann, und Ozu zeigt entlarvend, wie sie laufend vergessen, wer von ihnen genau was in Bezug auf Akiko gesagt oder getan hat, sowohl in jungen Jahren wie auch gerade eben. Dieser dysfunktionale Tick zeigt ihre Gruppenmentalität und den tiefen Widerwillen eines jeden, selber Verantwortung für die achtlose Einmischung in Akikos Glück zu übernehmen. Die erlesene Höflichkeit und Sanftheit der Mutter-Tochter-Beziehung äussert sich in einem Lächeln; und wenn die Frauen beim Höhepunkt des Films dieses Lächeln fallen lassen, ist das so schockierend wie ein Schuss. Wie immer muss sich das Publikum an Ozus ureigene Manier des Filmemachens gewöhnen. Die direkten Blicke in die Kamera und tiefe Kamerawinkel machen seinen Stil zu einer Art realistischem Kino-Kabuki. Dieses aber übt eine beharrliche Kraft aus, die emotional ins Innerste trifft. Im Kern der Zurückhaltung liegt etwas Tiefgründiges und wahrhaft Schönes.» (Peter Bradshaw, The Guardian, 28.1.2010)