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Christian Schocher

Schweizer Kinomythos

Man hat Christian Schocher einen genialen Dilettanten genannt, einen Kino-Pionier, einen Einzelgänger, einen alpenländischen Derwisch. Aus Anlass der Premiere des Dokumentarfilms Christian Schocher, Filmemacher von Marcel Bächtiger und Andreas Mueller zeigen wir vier der legendären Filme des mittlerweile 69-jährigen Filmfanatikers, die soeben auf DCP wieder zugänglich gemacht wurden. Reisender Krieger (1981), die über dreistündige Odyssee eines Kosmetikvertreters durch die Schweiz, ist längst zu einem Mythos geworden: Wahres cinéma copain, das das Schweizer Kino revolutionierte. «Wir erfanden jeden Tag und jede Nacht neu, was wir drehen wollen und wie das aussehen soll. Für mich ist es sozusagen ein neuer Filmstil, den wir während den Dreharbeiten entwickelt und erfunden haben», sagt Christian Schocher, der Filmfanatiker, der damit seinen dritten langen Film realisierte und zum vielleicht legendärsten Schweizer Filmemacher avancierte. Gleichzeitig ist er auch der unbekannteste: Er, der als Haupterwerb über 45 Jahre lang das kleine Kino Rex in Pontresina führte, zieht seine Kreise weitab der öffentlich wahrnehmbaren Filmszene.
Nach einer Fotografenlehre in Chur entschied er sich 1968, nicht nach Zürich zu ziehen, sondern in Pontresina zu bleiben. Neben dem Kinobetrieb, der dem Autodidakten Schocher quasi als Filmschule diente, entstanden so in völliger Unabhängigkeit die ersten selbst finanzierten Filme: Die Kinder von Furna (1974), ein Dokumentarfilm über das Leben der Schulkinder in einem abgelegenen Bergdorf des Prättigaus, und Das Blut an den Lippen des Liebenden (1977), ein stilisierter Alpenwestern, der gleichzeitig Ingmar Bergman als auch Sergio Leone und Sergio Corbucci die Reverenz erweist, aber völlig quer in der damaligen «engagierten» Schweizer Filmlandschaft stand und in Solothurn ausgebuht wurde.
Christians Schochers Weg ist «ein Leben der Aufbrüche und der Heimkehr, der künstlerischen Erfolge und wirtschaftlichen Niederlagen», sagen die beiden Filmemacher Marcel Bächtiger und Andreas Mueller über ihren Protagonisten. «Ein Leben, das selbst einem Roadmovie gleicht und letztlich kaum von den Stoffen und Figuren seiner Filme zu trennen ist.»
Corinne Siegrist-Oboussier