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Das erste Jahrhundert des Films: 1952

Vom «heissen» zum Kalten Krieg: Während Jeux interdits nochmals von den Wunden des Weltkriegs erzählt und Don Camillo die neuen Fronten als «Kommunismus vs. Katholizismus auf dem Dorfe» inszeniert, ruft der Western High Noon zu neuer Wehrhaftigkeit auf. Doch selbstverständlich kommen 1952 auch Meisterwerke heraus, die ihre Zeit nur indirekt spiegeln, etwa Le plaisir und Singin’ in the Rain.. Nach knapp eineinhalb Jahren Laufzeit sei hier kurz das Prinzip unserer filmhistorischen Langzeitreihe in Erinnerung gerufen: Wir erheben für «Das erste Jahrhundert des Films» einigermassen systematisch die zwanzig bis dreissig wichtigsten Filme jedes Jahres von 1900 bis 1999 und nehmen aus dieser Vorauswahl sechs Filme in jedes Programm auf – im Jahr 2012 sind die Jahre mit der Endzahl 2 dran (1912, 1922 usw. bis 1992). Was gezeigt und was bloss aufgelistet wird, richtet sich dabei nicht nur nach der Bedeutung oder Beispielhaftigkeit eines Films, sondern auch nach dem Umstand, ob wir ihn in anderem Zusammenhang kürzlich erst gezeigt haben, demnächst ohnehin zeigen wollen oder ob sich eine spielbare Kopie mit vertretbarem Aufwand beschaffen lässt.
Liebend gern hätten wir in unserer Auswahl mit Filmen von 1952 beispielsweise Akira Kurosawas Leben (Ikiru) neben Vittorio De Sicas Umberto D. gestellt, um zum Vergleich zweier überragender Altersporträts aus der japanischen bzw. italienischen Wiederaufbauzeit einzuladen. Doch Ikiru kommt mit etwas Glück bald wieder in den Schweizer Verleih – und wird dann als Reedition bei uns zu sehen sein. Eine Wiederaufführung zum jetzigen Zeitpunkt ist deshalb nicht sinnvoll.
In makellosem Zustand hätten wir Ihnen auch gern Max Ophüls grossartige Maupassant-Verfilmung Le plaisir gezeigt, deren deutsch untertitelte Kopie wir bereits bei unserer Ophüls-Retro von 2001 als «fragil» einstuften. Die jetzigen Vorführungen könnten deshalb die einstweilen letzten sein, bis auch dieser Film digitalisiert vorliegt. Bei einem so populären und nach wie vor einträglichen Klassiker wie Singin' in the Rain etwa ist das schon eine ganze Weile der Fall.
Die Beispiele illustrieren, dass der Faktor Zufall bei unseren Momentaufnahmen jeweils keine unerhebliche Rolle spielt. Anders als bei unseren sonstigen Zyklen, geht es uns bei der «Jahrhundertfilmreihe» auch primär um die herausragenden einzelnen Werke und nicht um ihren Zusammenhang. Was als Nebeneffekt resultiert, sind bisweilen homo-, bisweilen aber auch so heterogene Zeitbilder wie bei der aktuellen Jahrgangslese 1952, in der sich «heisser» und Kalter Krieg genauso spiegeln wie Licht und Schatten der Wiederaufbauzeit. (afu)