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Stummfilmfestival 2010: Gehobene Schätze

Zum 8. Mal präsentiert das Filmpodium in Zusammenarbeit mit dem Bonner Sommerkino das Stummfilmfestival mit Klassikern und Wiederentdeckungen. Eröffnet wird es mit der neu restaurierten Fassung von Fritz Langs Metropolis. Fred Paul wurde 1880 in Lausanne geboren und tauchte ab den 1910er Jahren als Schauspieler in britischen Stummfilmen auf. Ab 1916 wandte er sich der Regie zu und brillierte vor allem als Spezialist für Kurzfilme über das «wirkliche» Leben.
Paul hat den Übergang zum Tonfilm nicht geschafft; seine Filme gerieten in Vergessenheit. Seine Wiederentdeckung begann 2006, und seine Filme wurden seither etwa in Pordenone an den Giornate del Cinema Muto gezeigt, wo unser Pianist Stephen Horne sie gesehen und uns empfohlen hat. Es sind Schätze dieser Art – auch wenn es sich bei The Jest «nur» um einen Kurzfilm handelt –, die unser Festival auch dieses Jahr wieder bereichern.
Ein ungleich spektakulärerer gehobener Schatz ist das 16-mm-Negativ von Metropolis, das 2008 im Filmarchiv in Buenos Aires gefunden wurde und die Ergänzung der bisherigen Rekonstruktionen des vielleicht legendärsten Stummfilms ermöglichte. Der Film ist nun nahezu vollständig, die Geschichte wird verständlicher, und die neue Fassung tourt bereits erfolgreich durch die Kunstkinos der USA und bald auch Europas.
Einen weiteren Schwerpunkt im diesjährigen Programm bildet Grossbritannien. Anthony Asquith, der auch in unserer britischen Nachkriegsfilmreihe mit zwei Filmen vertreten ist, erzählt uns in A Cottage on Dartmoor eine düstere Liebes- und Rachegeschichte, während in der Edgar-Wallace-Verfilmung The Four Just Men vor der stimmungsvollen Kulisse Londons vier «Gerechte» mit einer Erpressung von einem Fabrikanten bessere Arbeitsbedingungen erwirken wollen.
Es mag an der immer grösser werdenden Distanz zu ihrer Entstehungszeit liegen, dass die Magie der Stummfilme zunimmt und sie uns gerade bei Alltagsaufnahmen, Strassenszenen und anderen «echten» Bildern mit ihrer Aura des Vergangenen bezaubern. Zum Zauber unseres Stummfilmfestivals werden aber auch dieses Jahr ganz sicher die Musiker beitragen, die unser vielfältiges Programm live begleiten und diesen Schätzen noch mehr Glanz verleihen werden.
Corinne Siegrist-Oboussier