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Maciste alpino

Die Stummfilmkomödie Maciste alpino ist eine der bedeutendsten italienischen Produktionen aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Der Held Maciste, Prototyp späterer Film-Muskelprotze, nimmt es mit einer ganzen Abteilung hinterhältiger österreichischer Soldaten in den Dolomiten auf. Die derbe Kriegsposse sorgte anlässlich ihrer Aufführung in Zürich vor genau 100 Jahren für Propagandavorwürfe und heftige Kontroversen.

«Die Begeisterung des italienischen Publikums für monumentale Leinwandschinken war auch im Krieg ungebrochen. (…) Ein Mitarbeiter von Giovanni Pastrone, damals einer der einflussreichsten Filmproduzenten und -regisseure, entdeckte Bartolomeo Pagano unter Arbeitern, die im Hafen von Genua Schiffe entluden. (…) In seiner ersten Rolle als Maciste in Pastrones Monumentalwerk Cabiria, der teuersten Produktion des italienischen Stummfilmkinos, wurde er 1914 quasi über Nacht weltweit zum Star. (…) Ein volksnaher Held, der seine unglaublichen Kräfte stets zugunsten der Schwachen und Unterdrückten einsetzte. Während des Kriegs stiess Pagano als ‹Maciste alpino› zu den italienischen Gebirgsjägern, um im Namen aller Italiener gegen den Feind zu Felde zu ziehen.» (Corina Kolbe, Spiegel Online, 21.3.2016)
Die beiden Filmhistoriker Mattia Lento und Adrian Gerber führen in den Stummfilm ein und präsentieren ihre neuen Bücher. Lento untersucht in seiner italienischsprachigen Studie die Filmschauspielerei der 1910er-Jahre in Europa. Gerber beleuchtet die Filmkultur und ausländische Propaganda-Aktivitäten in der Schweiz während des Ersten Weltkriegs.
Die neue Farb-Restaurierung des Turiner Museo Nazionale del Cinema wird von Linda Vogel (Harfe, Stimme) und Vincent Glanzmann (Schlagzeug) musikalisch begleitet. Nach der Veranstaltung findet ein Apéro statt.

Mattia Lento: La scoperta dell’attore cinematografico in Europa. Attorialità, esperienza filmica e ostentazione durante la seconde époque. (Scritture della visione, 21). Pisa: Edizioni ETS 2017
Adrian Gerber: Zwischen Propaganda und Unterhaltung. Das Kino in der Schweiz zur Zeit des Ersten Weltkriegs. (Zürcher Filmstudien, 37). Marburg: Schüren 2017

Luigi Maggi, Luigi Romano Borgnetto (Italien 1916)

«Während des Kriegs stiess Pagano als ‹Maciste alpino› zu den italienischen Gebirgsjägern, um im Namen aller Italiener gegen den Feind zu Felde zu ziehen. Der von den Regisseuren Luigi Romano Borgnetto und Luigi Maggi unter Pastrones Aufsicht gedrehte Film wurde an der Front und in vielen Städten vorgeführt. Nicht nur, um Soldaten und Zivilbevölkerung zu unterhalten.
Der Film sollte den Durchhaltewillen in ungewissen Zeiten stärken. ‹Maciste› steigt mit den Söhnen Italiens in den Schützengraben›, heisst es auf einer der in dem Film eingeblendeten Schrifttafeln. Auf einem Werbeplakat von 1917 ist zu lesen, dass der sympathische Held aus Cabiria heute ‹als Alpino dem Vaterland dient und die Feinde mit edler Gesinnung und der heiligen Liebe eines Italieners bekämpft›.
Am Anfang des neuen Films spielt Maciste aber zunächst sich selbst. Bei Dreharbeiten an der Grenze zwischen Italien und Österreich werden er und die Filmtruppe am 23. Mai 1915 vom Kriegsbeginn überrascht. Als alle aus voller Kehle ‹Viva l’Italia› brüllen, werden sie prompt von österreichischen Soldaten gefangen genommen. Maciste kann sich und die anderen befreien, überwindet die feindlichen Linien und gelangt über den Fluss Isonzo nach Italien. Dort schliesst er sich einem Korps der Alpini an, um den Grafen von Pratolungo und seine Tochter, Bewohner eines von Italien beanspruchten ‹unerlösten› Gebietes, aus der Gewalt der Österreicher zu retten.
Die Ironie der Regisseure bewahrte den Film davor, als reine Kriegspropaganda instrumentalisiert zu werden. In teils grotesken Szenen mit slapstickartigen Einlagen erscheinen die Gegner als trunksüchtig, gewalttätig und feige. Zwei Wachmänner packt Maciste kurzerhand am Schlafittchen und hängt sie wie Vogelscheuchen an eine Wand, auf die eine Karikatur des österreichischen Kaisers Franz Joseph gekritzelt ist.» (Corina Kolbe, Spiegel Online, 21.3.2016)
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Seminar für Filmwissenschaft der Universität Zürich sowie mit dem Italienischen Kulturinstitut Zürich im Rahmen der Veranstaltungsreihe «Zurigo in Italiano». Mehr Informationen unter: www.film.uzh.ch | Istituto Italiano di Cultura Zurigo

Drehbuch: Giovanni Pastrone
Kamera: Giovanni Tomatis, Carlo Franzoni, Augusto Battagliotti

Mit: Bartolomeo Pagano (Maciste), Fido Schirru (Fritz Pluffer), Valentina Frascaroli (Giulietta), Enrico Gemelli (Herzog von Pratolungo), Marussia Allesti (Herzogin von Pratolungo), Felice Minotti, Abo Riccioni, Evangelina Vitaliani

95 Min., Farbe, DCP, stumm, ital. + engl. Zw'titel

Spieldaten


Vergangene Vorstellungen:
Do.,
14.12.2017
18:15
Einführungen der beiden Autoren (ca. 30 Min.); Live-Vertonung: Linda Vogel und Vincent Glanzmann; Fr. 23.--/18.--