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Madame Dubarry

Das IOIC – Institute of Incoherent Cinematography – macht mit neuen und neuartigen Live-Vertonungen die frühe Stummfilmkunst nicht zuletzt auch einem jungen Publikum zugänglich. In der Saison 2017/18 ist das IOIC wiederum mit sechs Aufführungen im Filmpodium zu Gast. Diesmal zum Thema der grossen politischen Revolutionen.

Der weitaus beliebteste Spezialeffekt der Stummfilmzeit sind Massenszenen, in denen Tausende von Menschen auf der grossen Leinwand in Bewegung zu sehen sind. Die Faszination der Filmemacher für das Grossereignis der Russischen Revolution von 1917, die das Ende der zaristischen Autokratie zur Folge hat und genau in die Zeit der aufkommenden Grossproduktionen fällt, ist also wenig überraschend. Aber nicht nur die Oktoberrevolution wird thematisiert, sondern auch die Französische Revolution, geradezu das Urbild einer modernen Revolution, wird gefeiert oder auch verdammt.
Neben dem monumentalen Napoléon vu par Abel Gance (Frankreich 1927), der ursprünglich darauf angelegt war, das ganze Leben Napoleons von der Kindheit bis zum Exil auf St. Helena in mehreren abendfüllenden Filmen zu zelebrieren, ragen bezüglich der Französischen Revolution insbesondere die deutschen Produktionen Madame Dubarry (1919) von Ernst Lubitsch, Danton (1921) des russischen Regisseurs Dimitri Buchowetzki, aber auch die heute zu Unrecht weniger bekannte Revolutionshochzeit (1928) des Dänen A. W. Sandberg heraus.
Es finden sich aber auch interessante Verschränkungen beider Revolutionen wie in D.W. Griffiths Orphans of the Storm (USA 1919), der in Paris vor und während der Französischen Revolution spielt, aber in erster Linie eine Polemik gegen die russischen Bolschewiken darstellt. Gefeiert werden die Umwälzungen des frühen 20. Jahrhunderts naturgemäss in der Sowjetunion selbst, so vom Dokumentar- und Experimentalfilm-Pionier Dsiga Wertow über den Meister des sowjetischen Montagefilms Sergej Eisenstein bis hin zum subtilen Schilderer der kleinen Leute Wsewolod Pudowkin.

Ernst Lubitsch (Deutschland 1919)

Liebe in Zeiten der Revolution
Die Geschichte der jungen Pariser Arbeiterin Jeanne, die sich von einer Anstellung im Hutladen bis hin zur Liebhaberin des Königs kokettiert, spielt unmittelbar vor dem Ausbruch der Französischen Revolution und wurde mitten in einer deutschen Umbruchszeit produziert. Während die Versailler Szenen aus Madame Dubarry im Schloss Sanssouci in Potsdam gedreht wurden, besetzten die Franzosen das Rheinland, nahmen das deutsche Militär auseinander und forderten gnadenlos Reparaturzahlungen ein.
Nicht zuletzt aufgrund dieses Filmes wurde Hollywood aufmerksam auf den Star Pola Negri und den Regisseur Ernst Lubitsch, die dann auch Anfang der 20er-Jahre in die USA emigrierten. Zeitgenössisches Lob erhielt die Grossproduktion mit über 1000 Statisten insbesondere auch für die Orchestrierung der Massenszenen, die als die aufsehenerregendsten Special Effects der frühen Stummfilmzeit gelten.
Vertont wird das zuerst noch humorvolle und dann immer tragischere Kostümdrama von der aufstrebenden Jazz-Formation District Five Quartet. Die vier jungen Zürcher, die sich hiermit zum ersten Mal einen Stummfilm vornehmen, gehören einer neuen Generation von Musikern an, die bewusst die Jazz-Tradition mit moderner Komposition kombinieren.

Vertonung: District Five Quartet
Tapiwa Svosve (Altsaxophon), Vojko Hutter (Gitarre), Xaver Rüegg (Bass) & Paul Amereller (Schlagzeug)
www.districtfivequartet.com

Drehbuch: Hanns Kräly
Kamera: Theodor Sparkuhl
Musik: Hans Jönsson, Alexander Schirmann

Mit: Pola Negri (Jeanne Vaubemier/Mme Dubarry), Emil Jannings (Louis XV.), Reinhold Schünzel (Herzog von Choiseul), Eduard von Winterstein (Graf Jean Dubarry), Harry Liedtke (Armand de Foix), Else Berna (Gräfin Garmont), Fred Immler (Richelieu), Gustav Czimeg (Aiguillon), Karl Platen (Guillaume Dubarry), Bernhard Goetzke (Revolutionär)

100 Min., tinted, DCP, Stummfilm, dt. Zw'titel

Spieldaten


Vergangene Vorstellungen:
Fr.,
13.10.2017
20:45
Live-Vertonung: District Five Quartet (IOIC); Fr. 27.--/21.--