«Dieser Film illustriert die Wichtigkeit der tibetanischen Schriftstellerin Tsering Woeser als Exempel des Leidens ihres Volkes. Sie ist eine Autorin und Bloggerin, die unter anderem die Selbstverbrennungen von Tibetern aufzeichnet. (...)
Der Hauptstrang von The Dossier ist die schrittweise Analyse von Tserings Fiche, die die chinesischen Behörden über sie angelegt haben. Sie beginnt mit Tserings Einschulung und führt zu ihrer Entlassung, ihrer Einstufung als ‹politischer Problemfall› durch den Staat und ihrem Hausarrest. Zhu Rikun teilt seinen Film in zwei Hälften. Im ersten Teil sehen wir Tsering Woeser, wie sie vor einem dunklen Hintergrund das schwerfällige offizielle Dossier ungekürzt laut vorliest. Dazwischen schneidet Zhu ein Interview mit der Autorin. (...) Der zweite Teil ‹bringt die Sache ins Rollen›: Zhu reist zusammen mit Tsering und ihrem Mann Wang Lixiong nach Tibet, verfolgt von einer Kolonne von Sicherheitsbeamten der Regierung. Dieser Wechsel von Drinnen nach Draussen ist der wohl gewagteste formale Aspekt – uns Zuschauer für eine Ewigkeit im selben Raum mit Tsering einzusperren ist eine Metapher für ihren Hausarrest. Diese Gefangenschaft endet abrupt, die Freiheit, die die plötzlich aufgehende Aussenwelt vermittelt, sagt mehr als Worte.» (Mark Peranson, Int. Filmfestival Locarno, 2014)
ZHU Rikun, geboren 1976 in der Provinz Guangdong. Nach einem Wirtschaftsstudium verlegt sich Zhu auf Produktion und Distribution von chinesischen Independentfilmen (Fanhall Studio). Er gründet das DOChina Film Festival, das 2006 mit dem Beijing Independent Film Festival zusammengelegt wird und dessen künstlerischer Leiter er bis 2011 ist. Seit 2013 ist er als Filmemacher tätig. The Dossier ist sein erster Langfilm, Welcome (ebenfalls im Programm) sein dritter und bisher neuster Film.
Drehbuch: Zhu Rikun
Kamera: Zhu Rikun, Wang Wo
Schnitt: Xu Xin
Mit: Tsering Woeser, Wang Lixiong
128 Min., Farbe, DCP, Chin/Tibet/e
Q&A mit Zhu Rikun über The Dossier, Asian Society, New York (2015) - in englischer Sprache