Kusturicas Kinoerstling spielt im Sarajevo der sechziger Jahre und ist ein ungemein lebensnahes Zeitmosaik und bittersüsses Teenager-Drama. Im Zentrum steht der 16-jährige Dino, der mit seiner Familie an den steilen Hängen der ausfransenden Stadt lebt, auf dem Dachboden einer Scheune die Umsetzung des Sozialismus mittels Massenhypnose übt und eine immer engere Beziehung zu seinem todkranken Vater entwickelt. Als der Quartierzuhälter eines seiner «Mädchen» vorübergehend in Dinos Scheune einquartiert, entdeckt der Junge zögerlich die Liebe und lässt sich auch durch eine bittere erste Desillusionierung nicht beirren.
Die Genialität von Kusturicas Erzählweise besteht dabei in der fugenlosen Verzahnung von privater und politischer Geschichte, Ernsthaftigkeit, Sentiment und Komik. Dinos Frühlingserwachen findet zwar in einer Welt voller bizarrer ethnischer und politischer Rituale statt, und er selbst, seine Kollegen und väterlichen Mentoren hängen schrulligsten Theorien nach. Dies entwertet jedoch seine Erfahrungen und Gefühle nicht im Geringsten. Wenn Dinos Band gegen Ende des Films erstmals im Quartierlokal der KP aufspielt, ist die Szenerie von unüberbietbarer Trostlosigkeit. Durch Mark und Bein geht einem ihre Balkanversion eines italienischen Schlagers nichtsdestotrotz. (afu)
Do You Remember Dolly Bell? wurde 1981 als bestes Erstlingswerk in Venedig ausgezeichnet.

Drehbuch: Abdulah Sidran, Emir Kusturica, nach dem Roman von Abdulah Sidran
Kamera: Vilko Filać
Musik: Zoran Simjanović
Schnitt: Senija Ticić

Mit: Slavko Štimac (Dino), Slobodan Aligrudić (Vater), Mira Banjac (Mutter), Ljiljana Blagojević (Dolly Bell), Pavle Vujišić (Onkel), Nada Pani (Tante), Boro Stjepanović (Cvikeras), Zika Ristic (Cica)

108 Min., Farbe, 35 mm, OV/e