Die Geschichte einer unbedingten, alle Konventionen verachtenden Liebe wird unterbrochen, kontrastiert und kommentiert durch Wochenschaubilder und durch Sequenzen eines Dokumentarfilms über Skorpione. Die «Ordnungsmächte» Kirche, Militär, Familie werden in berühmt gewordenen Sequenzen attackiert: Vermoderte Skelette, mit den Resten erzbischöflicher Ornate bekleidet, liegen im Sand; während einer feierlichen Grundsteinlegung wälzt sich zwischen den Ehrengästen das Liebespaar leidenschaftlich auf der Erde; der Hauptdarsteller tritt einen Kriegsblinden mit Füssen; eine Monstranz wird im Rinnstein abgestellt.
Der Film schockierte die bürgerliche Welt. Hatte man Buñuels Erstling Un chien andalou noch vielfach als verwirrend-einfallsreiches Experiment genossen, so fühlte man sich jetzt bis ins Mark getroffen. Dazu mag beigetragen haben, dass hier das soziale Engagement Buñuels stärker in den Vordergrund trat, während die eher spielerischen Zutaten Dalís an Bedeutung verloren. Hansres Jacobi schreibt: «Erlebten wir im Chien andalou die Tragödie der Begierde eines Individuums, so steht nun der Widerstreit zwischen den Forderungen der Liebe und denjenigen des gesellschaftlichen Lebens im Vordergrund. Der verzweifelte Aufstand der Liebe, einer aufs höchste gereizten Sehnsucht und Begierde verbindet sich mit einer masslosen Anklage gegen die bestehende Gesellschaftsordnung. Aus dem verspielten ‹épater le bourgeois› wird blutiger Ernst.» (Zusammenfassung nach Reclams Filmführer)

Drehbuch: Luis Buñuel, Salvador Dalí
Kamera: Albert Duverger
Musik: Luis Buñuel, Georges Van Parys
Schnitt: Luis Buñuel

Mit: Gaston Modot (der Mann), Lya Lys (die Frau), Max Ernst (Räuberhauptmann), Pierre Prévert (Péman, ein Räuber), Lionel Salem (Herzog von Blangis), Caridad de Laberdesque, Pancho Cossío, Jacques B. Brunius, Paul Éluard

60 Min., sw, 35 mm, F/d