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Yellow Submarine
George Dunning (GB 1968)

Yellow Submarine kam 1968 heraus, nach dem «Sommer der Liebe», doch noch vor Woodstock, als die Beatles über der Welt der Popmusik thronten und psychedelische Kunst derart einflussreich war, dass die Leute tatsächlich Untergrundzeitungen auf orangem und gelbem Papier lasen. Es war das Jahr, in dem 2001: A Space Odyssey (...) mit einer Pause herauskam und sich Hippies unters Pausenpublikum mischten, um sich in die zweite Hälfte des Films zu schleichen und Kubricks Raum- und Zeitreise auf dem Boden vor der Leinwand liegend aus der Schrägsicht zu verfolgen – so zugedröhnt wie nur irgendwie möglich. (...)
All dies ist viele, viele Jahre her, und mittlerweile gibt es eine restaurierte Fassung des Films, die sich ausnimmt wie eine Zeitkapsel aus der Flower-Power-Ära mit einem Design irgendwo zwischen Peter Max, René Magritte und M. C. Escher. Um es mit einem anderen Cliché aus den sechziger Jahren zu sagen: Der Film blüht auf der Leinwand auf wie Zuckerzeugs für die Augen, und mit seinen elf Beatles-Songs verfügt er auf alle Fälle über den besten aller Animationsfilm-Soundtracks.
Die Geschichte setzt in einem Krisenmoment in «Pepperland» ein, als dort die Musik hassende Spezies der Blue Meanies eindringt. Die Meanies bekämpfen die Kraft, die von Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band ausgeht und zum Spriessen eines grossen YES neben der Peppers-Bühne geführt hat, ganz zu schweigen von einem alles überragenden LOVE und zahllosen weiteren fröhlich leuchtenden Dekorationen. Die Meanies verheeren alles mit ihren blauen Bomben, welche die Farben ausbleichen lassen und Pepperland in einen Zustand von graublauer, eingefrorener Animation versetzen. Doch Old Fred, der Dirigent der Band, entkommt in einem gelben Unterseeboot, um die Beatles zu Hilfe zu rufen.
Während diese Handlung selbst Kleinkinder ansprechen dürfte, verleiht ihr die Umsetzung einen witzig-insiderischen Stil und Untertöne von Raffinement. Erzählweise und Dialoge haben dabei – wiewohl vier Autoren (unter ihnen Erich Segal, der Autor von «Love Story») im Abspann fungieren – den Tonfall John Lennons. (...) Wortspiele, Kalauer, launische Einfälle und Abschweifungen mäandrieren durch die Sätze. (...)
Die Animation (...) setzt die Bewegungen nur teilweise um und beschränkt sich im Allgemeinen auf eine Ebene. Dennoch wirkt sie überhaupt nicht steif oder limitiert, denn sie verfügt über einen Reichtum an Farben und Einfällen, der nie nachlässt und sich mit besonderem Vergnügen in optischen Paradoxien ergeht. Man denke nur an den Besuch der Beatles im «Meer der Löcher», einer komplexen escherhaften Landschaft voll ovaler schwarzer Löcher, die sich nach oben, unten und seitwärts auftun, so dass die Helden in unterschiedlichste Dimensionen ein- und daraus wieder auftauchen können. (Eines der Löcher, das Ringo behält, hilft später aus einer brenzligen Situation, weil sich sein Inhaber daran erinnert, dass er ja ‹ein Loch in seiner Tasche hat›.) Dennoch sind natürlich die Songs das Skelett des Films, unter ihnen «Yellow Submarine», «Eleanor Riggby», «Nowhere Man», «Lucy in the Sky with Diamonds», «Sgt. Pepper’s Lonley Hearts Club Band», «All You Need Is Love» und (in einer Realfilmcoda) «All Together Now». (…)
Bekanntlich stimmten die Beatles dem Yellow Submarine-Projekt zunächst nur zu, weil es ihnen nach A Hard Day’s Night und Help! einen Ausweg aus einem Vertrag über drei Filme bot, ohne in einem dritten Film auftreten zu müssen. Ihr Beitrag zum Film war denn auch marginal – so steuerten sie nicht einmal die Synchronstimmen zu ihren Figuren bei. Als sie aber den Rohschnitt sahen, waren sie so begeistert davon, dass sie sich für den besagten Auftritt am Ende entschieden.
Der Film war 1968 ein Erfolg, wurde danach aber kaum mehr rezykliert. (...) Offenbar war er so sehr ein Kind der 60er Jahre, dass die Rechteinhaber ihn als datiertes Zeitdokument abtaten. Nun: Jeder Film ist ein Zeitdokument, gerade das ist das Wunderbare daran. (Roger Ebert, in: Chicago Sun-Times, 1999)

Drehbuch: Lee Minoff, Al Brodax, Jack Mendelsohn, Erich Segal
Kamera: John Williams
Musik: John Lennon, Paul McCartney
Schnitt: Brian J. Bishop

85 Min., Farbe, 35 mm, E

Spieldaten


Vergangene Vorstellungen:
Do.,
12.12.2002
18:00
Sa.,
14.12.2002
22:15