Ein französischer Bandenchef verlässt, von Heimweh und Liebe überwältigt, seinen Schlupfwinkel in Algier und wird in eine Falle gelockt, der er sich durch Selbstmord entzieht. Eine Paraderolle für Jean Gabin in einem der besten Filme Duviviers. Das im Geiste des Poetischen Realismus von Prévert und Carné atmosphärisch dicht
inszenierte Gangstermelodram ist ein herausragendes Werk des französischen Kinos der dreissiger Jahre.
«Thematisch ist «Pépé le Moko» - dem Roman von Detektiv Ashealbé und dem Drehbuch von Henri Jeanson folgend - jenem berühmten amerikanischen Schwarzen Film nachgebildet, dessen Protagonist ebenfalls ein Gangster ist, «Scarface» (1932) von Howard Hawks. Doch wie gegensätzlich verläuft das Drama: Howard Hawks zeigt einen Helden, der an seine Unbesiegbarkeit glaubt, der sich, in neurotischer Selbstqual, auf seine Maschinenpistole verlässt; der zwar unterliegt, im Untergang aber als ein kranker Held weiterhin sich selbst bestätigt.
Julien Duviviers Gangster, von der Polizei eingeschlossen, ein Gefangener auf dem engen Lebensraum der Gassen der Kasbah, ein Gefangener auch der fremden Menschen, zu denen er sich zurückgezogen hat, wehrt sich zwar auch. Aber er tut es als einer, der von vorneherein weiss, dass er besiegt ist. Sein Widerstand nährt sich einzig noch aus den Impulsen seines Traumes: der Sehnsucht nach
Paris, den Boulevards der Metropole, ihren Brasserien und Bars, nach dem Nichtstun, nach der Schönheit und dem Zauber der Stadt. Dieser luminose Zauber ist stärker, ist berührender als das Hundeleben, das er dort tatsächlich geführt hat.
Pépé, der Gangster, ergibt sich seinem Fatum, das er kennt. Sein Widerstand ist mehr nicht als eine schlaffe Willensregung noch, so männlich gefasst sein Auftreten noch immer sonst wirkt. Und er ist eine Art von Genuss zudem, der süsse Vorgenuss des Todes, des unausweichlichen Endes, das ersehnt wird. Das ist, mit ihrer Melancholie, die eine Seite dieses Dramas. Die andere, in die reale Existenz in der für einen Europäer exotischen Kasbah verwoben, ist die Sehnsucht nach Paris. Hier gelang Julien Duvivier das Schönste wohl: die Verdoppelung des Schauplatzes, des äusseren im arabischen Milieu, und eines inneren,
sehnsüchtig vorgestellten, von Paris. Ihre Einheit finden diese beiden
Aspekte in der Atmosphäre der Verlorenheit.» (Martin Schlappner)
Drehbuch: Julien Duvivier, Henri Jeanson, Jacques Constant, nach einem Roman von Ashelbé (=Henri La Barthe)
Kamera: Jules Krüger, Marc Fossard
Musik: Vincent Scotto, Mohamed Yguerbouchen
Schnitt: Marguerite Beaugé
Mit: Jean Gabin (Pépé le Moko), Mireille Balin (Gaby Gould), Line Noro (Inès), Gabriel Gabrio (Carlos), Lucas Gridoux (Inspektor Slimane), Fernand Charpin (Régis), Saturnin Fabre (Grossvater), Gilbert Gil (Pierrot), Fréhel (Tania), Marcel Dalio (L'Arbi), Gaston Modot (Jimmy), Roger Legris (Max)
92 Min., Farbe + sw, 35 mm, F/d, ab 12 Jahren