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J'accuse

Das Institute of Incoherent Cinematography IOIC macht mit neuartigen Live-Vertonungen die frühe Stummfilmkunst nicht zuletzt auch einem jüngeren Publikum zugänglich. In der Saison 2018/19 ist das IOIC wiederum im Filmpodium zu Gast, diesmal mit einer Reihe zu Krieg und Frieden. (Spieldatum: The Big Parade: Do, 4.4., 20:15 // J'accuse: Do, 25.4., 20:15)

The Big Parade feierte am 19. November 1925 Premiere, lief dann ganze 96 Wochen ohne Unterbruch und wurde zum zweiterfolgreichsten Stummfilm aller Zeiten. Die Geschichte eines eigentlich eher dem Müssiggang als dem Patriotismus zugeneigten reichen jungen Amerikaners, der dann doch als Soldat nach Frankreich in den Ersten Weltkrieg zieht, sich mit dem Bauarbeiter Slim und dem Barkeeper Bull anfreundet und schwer verletzt wird, war einer der ganz grossen Erfolge der 1920er-Jahre. Und er war wegweisend für alle folgenden Filme, da er den Krieg und die Schützengräben ohne Beschönigung und Idealisierung aus der Sicht eines einfachen Soldaten ins Bild rückt: «He wasn’t a hero. He was just a guy who went along, and watched, and observed, and reacted.» (King Vidor)

The War to End all Wars
Die Premiere des fulminanten Anti-Kriegs-Epos J’accuse fand lediglich fünf Monate nach dem Waffenstillstand statt, der den Ersten Weltkrieg beendete, den Krieg also, der als «the war to end all wars» bezeichnet wurde. Mit seinem ersten grossen Film hatte Abel Gance nichts weniger im Sinne, als diese Aussage zur Realität zu machen. Um die Grauen des Krieges zu schildern, verbindet er auf meisterhafte Weise Aufnahmen von wirklichen Soldaten auf wirklichen Schlachtfeldern – die Soldaten waren gerade für eine Woche auf Fronturlaub und starben fast allesamt eine Woche später in den Schützengräben – mit einer Dreiecksgeschichte zwischen Edith, ihrem Mann François Laurin und dem Dichter Jean Diaz. Mit seiner expressionistischen Kameraarbeit und innovativen Schnitttechnik weist der Film nicht nur auf seinen späteren Jahrhundertfilm Napoleon (1927) voraus, sondern er beeinflusste zudem die Filmkunst von Hollywood bis Moskau.

Abel Gance, Blaise Cendrars (Regieassistenz) (Frankreich 1919)

«J’accuse beginnt mit einer Einstellung von einer Vielzahl von Soldaten, die zusammenkommen, um die Buchstaben des Titels zu bilden, und endet mit einer auf geteilter Leinwand ablaufenden doppelten Parade der Toten und der durch den Arc de Triomphe marschierenden Sieger. (…) Er war ein weltweiter Erfolg vor allem wegen Gances bemerkenswert filmischer Behandlung des Themas der Unmenschlichkeit des Krieges, das hinter der melodramatischen Liebesgeschichte dem Film zugrunde lag.» (Buchers Enzyklopädie des Films)
«J’accuse kam kurz nach der Unterzeichnung des Waffenstillstands heraus. Wo immer er gezeigt wurde, erregte er Aufsehen. (…) [Es] war der erste grosse pazifistische Film der Filmgeschichte – und einer der ersten grossen Filme, die sich mit dem Ersten Weltkrieg beschäftigten. (…) Noch heute wirkt J’accuse überraschend kraftvoll. In jeder Szene zeigt sich überschäumende Kreativität. Der Film quillt über von Ideen; mit der Macht eines Sturmangriffs reisst er den Zuschauer in die Geschichte hinein (…) und lässt ihn am Ende erschüttert und ernüchtert zurück. Trotz seiner Länge von fast drei Stunden ist J’accuse durchwegs spannend und so erfindungsreich und beeindruckend wie kein bis dahin produzierter Film, mit der einzigen Ausnahme von Intolerance; einige amerikanische Kritiker schätzen ihn in künstlerischer Hinsicht sogar höher ein als alle Griffith-Produktionen.» (Kevin Brownlow: Pioniere des Films)
Vertont wird dieser Meilenstein des pazifistischen Films von der Sängerin Iokoi, dem Saxophonisten und Gitarristen Steve Buchanan und dem Live-Elektroniker und Pianisten Dadaglobal. Es ist – wortwörtlich – auch musikalisch mit Pathos zu rechnen.

Vertonung
Iokoi, Steve Buchanan & Dadaglobal
Mara Miccichè (Stimme, Elektronik), Steve Buchanan (Altsaxophon, E-Gitarre) & David Daniel (Elektronik, Piano)

Drehbuch: Abel Gance
Kamera: Léonce-Henri Burel, Maurice Forster, Marc Bujard
Schnitt: Abel Gance, Andrée Danis

Mit: Romuald Joubé (Jean Diaz), Séverin-Mars (François Laurin), Maryse Dauvray (Edith Laurin), Maxime Desjardins (Ediths Vater), Angèle Guys (Angèle), Mme Mancini (Jean Diaz' Mutter)

165 Min., tinted, DCP, Stummfilm, f Zw'titel

Spieldaten


Vergangene Vorstellungen:
Do.,
25.4.2019
20:15
Live-Vertonung: Iokoi, Steve Buchanan & Dadaglobal (Elektro) (IOIC); Fr. 27.-/21.-