Das IOIC – Institute of Incoherent Cinematography – macht mit neuen und neuartigen Live-Vertonungen die frühe Stummfilmkunst nicht zuletzt auch einem jungen Publikum zugänglich. Thema dieser Saison sind die grossen politischen Revolutionen – und den Abschluss bildet eine beissende Satire.
Der US-Senator Mr. West reist ins Land der Bolschewiki und findet alle amerikanischen Vorurteile über das kommunistische Russland bestätigt. Um sich vor den Wilden und Banditen zu schützen, hat er vorsichtshalber einen Lasso schwingenden Leibwächter dabei. Von Lew Kuleschow, dem Urvater der sowjetischen Avantgarde in amerikanischem Stil gedreht – der Hauptdarsteller sieht Harold Lloyd zum Verwechseln ähnlich und die parodistischen Anleihen beim Detektivfilm und Western sind offensichtlich –, polemisiert die beissende Satire gegen amerikanische Ansichten über die junge Sowjetunion. Aus dieser Perspektive erscheint die russische Revolution in einem ganz neuen Licht.
Vertont wird der die Lachmuskeln stark strapazierende Film vom Live-Elektronik-Duo Cycle Opérant aus Neuchâtel, die sich seit über zehn Jahren der Vertonung von Stummfilmen widmen.
Vertonung:
Cycle Opérant
Yann Gautschi (Elektronik) & Romain Ducommun (Elektronik)
Diese Komödie «ist ganz im Stil eines amerikanischen Detektivfilms gehalten, ironisiert aber gleichzeitig die westlichen Vorurteile (…). Die Fabel des Films ist grotesk: Der amerikanische Senator West begibt sich in die Sowjetunion in der Erwartung, dort fellgekleidete Wilde vorzufinden; zu seinem Schutz hat er einen Cowboy mit Lasso mitgenommen. In Moskau fällt Senator West einer Bande von Gangstern in die Hände, die ihn unter der Vorspiegelung, sie seien Bolschewisten, erpressen wollen. (…) Die Darsteller des Films befleissigen sich einer ekstatischen Mimik und Gestik, die ausgezeichnet zu dem parodistischen Stil des Films passte.» (Ulrich Gregor/Enno Patalas: Geschichte des Films)
«Diese mitreissende Parodie wimmelt von Einfällen. (…) Wegen seines Schwungs und seiner Neuheit war Mr. West ein grosser Publikumserfolg.» (Georges Sadoul: Histoire du cinéma, tome 5)
Drehbuch: Nikolai Assejew, Lew Kuleschow
Kamera: Alexander Lewitzky
Schnitt: Alexander Lewitzky
Mit: Porfiri Podobed (Mr. John S. West), Boris Barnet (Jeddy, ein Cowboy), Wsewolod Pudowkin (Shban, der Bandenanführer), Alexandra Chochlowa (die Gräfin), G. Charlampijew (Senka Swistsch, Bandenmitglied), Leonid Obolenski (der Geck, Bandenmitglied), Sergej Komarow (der Einäugige, Bandenmitglied), Andrej Gochilin (der Polizist), Wera Lopatina (Ellie, die Amerikanerin)
74 Min., sw, DCP, Stummfilm, russ + d Zw'titel