Jafar Panahis Der weisse Ballon erscheint in seiner Struktur und Haltung wie eine Abwandlung von Vittorio De Sicas Ladri di biciclette. Das junge Mädchen Razieh wünscht sich für das iranische Neujahr verzweifelt einen Goldfisch. Als sie von ihrer Mutter endlich das Geld dafür erhält und Razieh den Goldfisch kaufen will, beginnt eine Odyssee durch Teheran, die einen Querschnitt der Stadt und ihrer Bevölkerung zeigt.
«Mit menschlicher Wärme, Weisheit und perfekt konstruiert, könnte Der weisse Ballon gleichzeitig nicht simpler sein. (…) In Echtzeit erzählt – der gesamte Plot entfaltet sich in 85 Minuten –, besitzt Panahis Film eine Klarheit und Humanität, die an die Nachkriegsfilme des italienischen Neorealismus erinnert.» (Edward Guthmann, San Francisco Chronicle, 15.3.1995)
Bereits in Jafar Panahis Erstling zeigt sich die durchdachte Simplizität, die auch die folgenden Werke des Regisseurs auszeichnet. In Cannes als bester Debütfilm prämiert, vom Iran jedoch später als Kandidat für den Besten fremdsprachigen Film bei den Oscars zurückgezogen, bildet Der weisse Ballon auch den Beginn der schwierigen Beziehung zwischen dem Regisseur und der iranischen Regierung. Der traurige Höhepunkt war bislang das 2010 ausgesprochene Berufsverbot gegen Panahi, was diesen jedoch nicht am Filmen hindert, wie sein jüngst an der Berlinale ausgezeichnetes Werk Taxi Teheran beweist, das zwanzig Jahre nach Panahis Regiedebüt mit einer erneuten Reise durch die iranische Hauptstadt zum Beginn seiner Karriere zurückkehrt.
Drehbuch: Abbas Kiarostami, Jafar Panahi, Parviz Shahbazi
Kamera: Farzad Jadat
Schnitt: Jafar Panahi
Mit: Aida Mohammadkhani (Razieh), Mohsen Kafili (Ali), Fereshteh Sadre Orafaiy (Mutter), Mohammad Shahani (Soldat), Anna Borkowska (alte Frau), Mohammad Bakhtiar (Schneider), Aliasghar Smadi (Ballonverkäufer), Hamidreza Tahery (Reza)
85 Min., Farbe, 35 mm, OV/f